Praktisch jedes Kind hat heutzutage Zugriff auf ein Handy. Sobald das Gerät mit dem Internet verbunden ist, hat das Kind Zugang zur Welt des Internets. Eine Welt, in der das Kind unbewusst Datenspuren in Form von personenbezogenen Daten hinterlässt. Das sind Spuren, die für die Kinder und Eltern sehr gefährlich werden können. Beiden Generationen ist oft nicht bewusst, wie wichtig wirksamer Datenschutz bei Kindern ist und welche Folgen dessen Vernachlässigung hat.
Wie schützt das DSG die Kinder und Jugendlichen?
Der Anspruch auf Datenschutz entsteht aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das ist das Recht, selbst über die Preisgabe und Verwendung der eigenen personenbezogenen Daten entscheiden zu dürfen. Es leitet sich aus dem Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre ab (Art. 13 BV).
Der Zweck des DSG ist, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und damit den Datenschutz zu garantieren. Sowohl für Erwachsene, als auch für Kinder. Das DSG enthält in Sachen Kinderdatenschutz einen Mangel in seiner Konzeption. Das ist Folgender: Nach DSG und revDSG sind Datenbearbeitungen zulässig, wenn gewisse Grundsätze beachtet werden (mehr dazu findest Du in unserem Beitrag zu den Bearbeitungsgrundsätzen). Es wird dabei nicht unterschieden, ob die personenbezogenen Daten von einem Kind oder von einem Erwachsenen stammen. Bei (noch) nicht urteilsfähigen Kindern, dürfen und müssen die Erziehungsberechtigten entscheiden, ob und wem sie die Daten ihrer Kinder preisgeben. Darin liegt das Problem: Das DSG überlässt den Erziehungsberechtigten die Verantwortung für den Datenschutz der Kinder. Die Erziehungsberechtigten sind damit jedoch – verständlicherweise – oftmals überfordert. Daher wäre es leichtfertig zu glauben, dass das DSG allein die Datenschutzrechte der Kinder ausreichend schützt.
Wie können die Daten von Kindern und Jugendlichen wirksam geschützt werden?
Eine Möglichkeit ist, sich aus dem digitalen Raum zurückzuziehen. Erziehungsberechtigte reagierten teilweise mit Internetverboten, als die ersten Skandale um soziale Netzwerke wie Facebook publik wurden und die Gefahr des «Cyber Mobbing» ins Licht der Öffentlichkeit rückte. Damals waren Verbote eine verlässliche und pragmatische Lösung um die Kinder zu schützen. Heute kann den Kindern kein solches Verbot mehr zugemutet werden. Kinder sind bspw. im Bildungsbereich zunehmend auf das Internet, soziale Netzwerke und Collaboration Tools wie Microsoft Teams angewiesen. Ausserdem sind Themen wie die neusten TikTok Challenges und Trends nicht mehr vom Pausenhof wegzudenken.
Dazu kommt, dass die meisten Haushalte kein Festnetztelefon mehr besitzen. Wer kein Handy zum Kommunizieren hat, bleibt möglicherweise aussen vor. Die gegenwärtige Lebensrealität der Kinder lässt also darauf schliessen, dass Internetverbote nicht zielführend sind und unter Umständen sogar zur sozialen Isolation der Kinder führen können. Auch der EDÖB rät von Internetverboten ab. Er argumentiert folgendermassen:
«Von grundsätzlichen Verboten wird abgeraten, weil Medienkompetenz im Informationszeitalter schulischen und beruflichen Erfolg wesentlich begünstigt und zudem zahlreiche kinder- und jugendgerechte Web-Inhalte existieren, die ein risikoarmes Vergnügen darstellen.»
Als Alternative zu Internetverboten schlägt der EDÖB vor, dass Erziehungsberechtigte die Kinder in die Welt des Internets begleiten. Im Gegensatz zu einem Internetverbot, setzt diese Lösung voraus, dass die Eltern sich selbst mit dem Internet und dessen Gefahren befassen. Das ist ein Zusatzaufwand, der sich lohnt. Einen Leitfaden dazu findest Du hier.
Welche Gefahren birgt das Internet für den Kinderdatenschutz?
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Trotzdem kann das geltende Recht oft nicht wirksam durchgesetzt werden. Die Durchsetzung des Rechts im Internet erfolgt meist nur sporadisch. Nutzende sollten selbstständig Lösungen finden, um sich selbst und Andere vor den Gefahren des Internets zu schützen. Weil man eine Gefahr kennen muss, um sie abwenden zu können, sind nachfolgend die häufigsten Risiken und Gefahren für den Kinderdatenschutz und die entsprechenden Gegenmassnahmen kurz erklärt:
Unerwünschte E-Mails
Unerwünschte E-Mails im Posteingang (Spam) sind nicht nur nervig, sie können auch gefährlich sein. Insbesondere, wenn es sich um Phishing-Emails handelt. Ziel der Phishing E-Mails ist es, die Daten oder das Geld der Empfänger*innen zu stehlen. Die Empfänger*innen werden durch Täuschungen dazu gebracht, ihre Daten (Passwörter, Kreditkartennummern, Bankkontodaten) zu übermitteln oder einen Anhang herunterzuladen, der mit Malware verseucht ist. Diese ist programmiert, um Daten zu stehlen.
Phishing E-Mails lassen sich meist leicht enttarnen. Aber nur, wenn man weiss wie. Eine ausführliche Erklärung findest Du hier.
Die wirksamste Methode, Kinder vor Phishing E-Mails zu beschützen, ist folgende: Die Erziehungsberechtigten sollten ihrem Kind erst dann eine eigene E-Mail-Adresse erlauben, wenn sie sichergestellt haben, dass es sich der Gefahr von Phishing E-Mails bewusst ist und diese erkennen kann.
Cybermobbing
Cybermobbing hängt direkt mit Datenschutz zusammen. Es entsteht oftmals durch beschämende und demütigende Bilder oder Filme über das Opfer, die nicht in die Öffentlichkeit gehören.
Einmal veröffentlicht, können Daten kaum noch aus dem Internet entfernt werden. Insbesondere auf Social-Media können Daten rasant und mit praktisch unbegrenzter Reichweite verbreitet werden.
Um die Privatsphäre des Kindes zu schützen und das Risiko für Cybermobbing zu verringern, können Erziehungsberechtigte Massnahmen ergreifen. Die Stadt Zürich hat hierfür hilfreiche Tipps und Handlungsanweisungen für den Mobbing-Fall zusammengestellt (Link).
Sharenting
«Sharenting» setzt sich aus den Worten «Share» und «Parenting» zusammen und beschreibt das Phänomen, bei dem Eltern Fotos und Videos aus dem Alltag ihrer Kinder auf Social-Media teilen. Die Eltern geben sehr sensible Inhalte vom Kind preis, ohne dessen Einverständnis zu holen. Das Einverständnis ist bis zu einem gewissen Alter rechtlich nicht erforderlich. Dennoch müssen sich die Eltern fragen, ob sie tatsächlich im Sinne des Kindes handeln, wenn sie einen Wutanfall oder andere peinliche Ereignisse aus dem Leben ihres Kindes ins Internet stellen. Einen Leitfaden für Eltern zum Posten von Kinderbildern im Internet gibt es hier.
Schadprogramme und Datendiebstahl
Heutzutage sind insbesondere Gratis-Downloads im Internet und Phishing-Emails eine häufige Quelle für Viren und andere Malware. Solche Schadprogramme können enormen Schaden anrichten. Insbesondere Ransomware kann für Daten gefährlich werden.
Um Infiltrationen zu vermeiden, sollten regelmässig Virenscans durchgeführt werden und jeder Internetdownload sollte hinterfragt werden, bevor er ausgeführt wird. Kinder sollten von ihren Erziehungsberechtigten auf diese Gefahr aufmerksam gemacht werden.
Fazit
Das DSG und auch das revDSG allein bieten keinen ausreichenden Datenschutz für Kinder und Jugendliche. Daher müssen die Erziehungsberechtigten Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. Dies erfolgt durch Aufklärung und durch Begleitung der Kinder im digitalen Raum.
Datenschutz.law hält dich über weitere Entwicklungen im Kinderdatenschutz auf dem Laufenden.