Star Wars – das klingt nach epischen Raumschlachten, mystischer Macht und Vater-Sohn-Therapie mit Laserwaffen. Aber wer genauer hinschaut, entdeckt auch: In der Galaxis weit, weit entfernt gibt es ein Datenschutzproblem, das selbst Jabba nicht durchwinken würde. Von willkürlicher Datenerhebung bis zur Zwangslöschung ganzer Persönlichkeiten. Das Universum rund um Jedi, Droiden und Imperium ist ein dystopischer Datenschreck, der selbst dem EDÖB Alpträume bereiten würde.
Wir haben die neun Hauptfilme durch ein Sith-Holocron gejagt, speicherintensiv dekonstruiert und uns dabei der dunklen Seite ausgesetzt. Und was wir gefunden haben, ist eine Mischung aus übermässiger Datenbearbeitung, organisationalem Kontrollverlust und kybernetischem Wahnsinn.
Fall 1: Qui-Gon Jinn – Jedi-Meister der informellen Biometrie
Tatort: Mos Espa, Tatooine. Wetter: Sandsturm. Datenschutzniveau: unterirdisch.
Qui-Gon Jinn, der lässigste unter den Prequel-Jedi, trifft einen kleinen Jungen mit auffälliger Reaktionszeit und Hang zur Schicksalsergebenheit. Seine erste Amtshandlung? Er nimmt dem Kind Blut ab. Ohne Schutzkleidung, ohne medizinisches Umfeld, vor allem aber: ohne Einwilligung.
„Ich habe eine Blutprobe von dem Jungen genommen. Ich will, dass du seinen Midichlorianer-Wert bestimmst.“
Was wie eine harmlose Jedi-Routine klingt, ist bei Licht betrachtet ein ungefragter Zugriff auf genetisch hochsensible Daten. Anakin ist zu dem Zeitpunkt neun Jahre alt. Seine Mutter wurde nicht konsultiert. Ausser vielleicht mit einem wohlwollenden Nicken, das im besten Fall als schüchterne Toleranz zu deuten ist. Niemand erklärt ihr, wozu der Test dient, wie lange die Daten gespeichert werden oder wer überhaupt Zugriff darauf hat. Besondere Schutzmassnahmen? Sicher nicht.
Der Midichlorianer-Wert übersteigt später alles je Gekannte, was den Effekt hat, dass das Kind sofort von der Republik rekrutiert, entwurzelt und einer paramilitärischen Organisation übergeben wird, die offenbar weder familienfreundliche Strukturen noch Informationspflichten kennt. Der Rest ist, wie wir wissen, dunkle Geschichte.
Datenschutzrechtliche Bewertung: Kinderdaten, medizinische Tests, Datenschutzvorfall: Ein perfekter Sturm für jede Datenschutzprüfung. Das Ganze ist ein Paradebeispiel für ein fehlendes Einwilligungsmanagement und einen Kontrollverlust über Gesundheitsdaten. Wer so anfängt, endet zwangsläufig mit einem galaxisweiten Verstoss gegen Rechtmässigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben und Transparenz. Und das mit einem Kind, das später Massenmord an Padawanen begeht.
Fall 2: C-3PO – Gold lackierte Offenbarungsmaschine
C-3PO ist ein Paradebeispiel für gute Manieren, aber grottige Datensicherheit. Er übersetzt, erklärt, berichtet. Meist ungefragt, immer unverschlüsselt. Als wandelnder Protokolldroide ohne Zugriffskontrolle oder Authentifizierung redet er mit allen, die ihn anschalten. Imperiale, Schmuggler, Stormtrooper oder Ewoks. Wer einen Schraubenzieher und eine Batterie hat, kann ihn quasi zur geständigen Datenquelle umfunktionieren.
In Episode IX erreicht dieses Verhältnis zum Datenschutz seinen Höhepunkt in der digitalen Selbstaufgabe. Die Crew hat eine Sith-Botschaft, die nur C-3PO in seinem internen Speicher lesen kann, aber nicht darf. Seine Programmierung verbietet es ihm. Was tut man also? Man löscht kurzerhand sein Gedächtnis, um an die Info zu kommen.
„Ich werfe einen letzten Blick auf meine Freunde.“
Ein emotionaler Moment, bei dem der Zuschauer fast vergisst, dass hier gerade ein bewusster, irreversibler Speicherzugriff ohne Einwilligung und ohne Absicherung erfolgt. Backups gibt es keine (nur ein „vielleicht kann R2-D2 später was machen“-Hoffen), und der Bot selbst hat keine Ahnung, was ihm geschieht. Man könnte meinen, das sei Science-Fiction. In Wahrheit ist es eine galaktische Version von: „Wir formatieren mal deinen Laptop, weil wir schnell was brauchen. Sag einfach nichts.“
Datenschutzrechtliche Bewertung: Eine klassische Datenbearbeitung ohne Rechtfertigung, ohne Dokumentation und ohne Schutzmechanismen. Das Backup wird improvisiert, der Betroffene nicht ernsthaft informiert und die Datenhoheit liegt definitiv nicht beim Systemverantwortlichen. In Datenschutz-Terminologie: Rechtswidrige Bearbeitung, fehlender Nachweis der Freiwilligkeit, keine Integrität der Daten. Aber immerhin: stilvoll gemacht.
Diese Macht schützt alles – ausser deine Daten
Ob Qui-Gons invasive Diagnostik oder C-3POs unfreiwilliger Hirnschwund. Star Wars zeigt uns eine Gesellschaft in der Datenschutz nicht einmal ein Märchen ist. Es gibt keine Betroffenenrechte, keine Einwilligungspraxis, kein Verzeichnis von Bearbeitungstätigkeiten. Daten sind Macht und Macht wird hier nicht kontrolliert, sondern verteilt wie imperialer Propaganda auf Coruscant.
Und doch liegt in diesem Chaos eine Lektion für uns: Nur weil etwas technisch möglich ist, sei es genetische Analyse per Taschenlampe oder die Überschreibung einer KI-Persönlichkeit, heisst das noch lange nicht, dass es erlaubt ist. Die dunkle Seite beginnt dort, wo Regeln durch Zweck ersetzt werden. Und Star Wars hat diesen Weg mit hyperspaceartiger Geschwindigkeit beschritten.
Vielleicht brauchen wir also nicht nur Jedi-Councils und Senatsausschüsse, sondern auch eine galaktische Datenschutzkonferenz.
In dem Sinne: Möge die Macht mit euch sein... und der Datenschutz gleich dazu.