Im Urteil 5A_701/2020 vom 23. Juli 2021 befasste sich das Bundesgericht (nachfolgend «BGer») mit der Zulässigkeit eines Gesuchs um Nichtbekanntgabe von Betreibungen an Drittpersonen. Kann einem Gesuch stattgegeben werden, nachdem die Betreibungsforderung durch den Betriebenen beglichen worden ist? In diesem Beitrag erfährst Du, wie das BGer in diesem Fall entschieden hat.
Ausgangslage
Der Beschwerdeführer hat vom Betreibungsamt Zürich aufgrund einer unbezahlten Steuerschuld einen Zahlungsbefehl erhalten, worauf er Rechtsvorschlag erhob. In der Folge vereinbarte der Beschwerdeführer mit dem Steueramt, dass die Schuld vom Beschwerdeführer in Raten beglichen werden soll.
Nach der erfolgreichen Begleichung der Forderung stellte der Beschwerdeführer ein Gesuch um Nichtbekanntgabe der Betreibung an das Betreibungsamt. Sowohl das Betreibungsamt als auch die kantonale Aufsichtsbehörde wiesen das Begehren ab.
Die Begründung für die Abweisung der Beschwerde lautete, dass die in Betreibung gesetzte Forderung vom Beschwerdeführer bereits bezahlt worden sei und folglich die Möglichkeit der Nichtbekanntgabe der Betreibung nicht mehr bestehe.
Der Beschwerdeführer reichte beim BGer eine Beschwerde in Zivilsachen ein.
Was sagt das Bundesgericht?
In einem ersten Schritt stellte das BGer fest, dass in solchen Fällen das Interesse von Drittpersonen über die Kreditwürdigkeit einer Person Bescheid zu wissen, den persönlichen Interessen des Schuldners entgegensteht.
Das BGer hält diesbezüglich fest: «Es handelt sich dabei um eine klassische Datenschutzproblematik, welcher die Regelung vonArt. 8a SchKG angemessen Rechnung tragen soll»(E 3.1).
Gemäss BGer ist Art. 8a SchKG als Spezialregelung abschliessend und es besteht kein Raum für die Anwendung des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG) sowie allfälliger kantonaler Regelungen. Im Hinblick auf die Nichtanwendbarkeit des DSG ging das BGer auch nicht auf das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend das Gesetz über Informationen und den Datenschutz vom 12. Februar 2007 des Kantons Zürich ein.
Voraussetzungen der Nichtbekanntgabe
In einem zweiten Schritt befasste sich das BGer mit den Voraussetzungen von Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG. Das Gesetz statuiert, dass der Schuldner innert drei Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls ein entsprechendes Gesuch stellen muss.
Für das BGer war zudem massgebend, ob der Gläubiger innerhalb der 20 Tage Anstalten traf, um seine Forderung zu begründen. Dies kann der Gläubiger, indem er ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlags einleitet, um darzulegen, dass die Betreibung ohne Nachweis des Bestandes einer Forderung eingeleitet wurde (BGE 147 III 41, E. 3.3.4, 3.4.3; BGE 141 III 68, E. 2.1).
Im vorliegenden Fall erachtete das BGer das notwendige Gesuch des Beschwerdeführers als korrekt eingegeben. Dass der Gläubiger nach der Begleichung der Schuld keinen Anlass hatte, den Rechtsvorschlag zu beseitigen, erklärte das BGer als unstrittig.
Folgen der Begleichung auf die Nichtbekanntgabe
Demnach blieb letztlich die Frage zu klären, welche Folgen die Begleichung der Forderung nach Zustellung des betreffenden Zahlungsbefehls auf die Nichtbekanntgabe hat. Aufgrund des Fehlens einer ausdrücklichen Antwort im Gesetzestext, stützte sich das BGer zuerst auf die Lehrmeinung, gemäss welcher:
«die Zahlung einer in Betreibung gesetzten Forderung als deren Anerkennung verstanden wird, womit die Betreibung als gerechtfertigt erscheint und sich das Verfahren nach Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG erübrigt»(E. 3.4.1).
Die Meinung der Lehre untermauerte das BGer durch einen Auszug aus der parlamentarischen Initiative vom 11. Dezember 2011 zur «Löschung ungerechtfertigter Zahlungsbefehle», aus der Folgendes hervorgeht:
«dass nach geltendem Recht die Betreibung im Register nicht gelöscht werde, wenn die Forderung bezahlt worden sei. […]. Daran solle sich durch die vorliegende Revision nichts ändern. Der Schuldner könne nicht in den Genuss des neuen Verfahrens kommen, wenn er nach Zustellung des Zahlungsbefehls die Forderung begleiche. Er könne sich nur auf Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG berufen, solange die Forderung bestritten sei»(E. 3.4.2).
Somit stellte das BGer fest, dass in Anbetracht der Entstehungsgeschichte des Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG der gesetzgeberische Wille hinsichtlich der Folge einer beglichenen Forderung klar und ein Gesuch um Nichtbekanntgabe der Betreibung an Dritte in einem solchen Fall abzuweisen sei.
Fazit
Zusammenfassend bedeutet dies, dass die Nichtbekanntgabe der Betreibung an Dritte gemäss Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG nach bezahlter Forderung nicht möglich ist.