Im Urteil A-5912/2020 vom 29. Juli 2021 befasste sich das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) mit der Frage, ob die SBB bezüglich die Datenerhebung auf der Mobilitätsplattform SwissPass aufgefordert werden kann, eine beschwerdefähige Verfügung zu erlassen.
Um was geht es?
Die SBB verweigerte einem Kunden die Ausstellung des SwissPass. Der Grund: Der Kunde wollte sein Geburtsdatum nicht angeben.
In der Folge gab der Kunde kurzerhand ein fiktives Geburtsdatum an. Für den Fall der erneuten Verweigerung verlangte der Kunde eine beschwerdefähige Verfügung.
Die SBB verweigerte sowohl die Ausstellung mit fiktivem Geburtsdatum als auch den Erlass einer Verfügung. Sie berief sich darauf, dass die Ausgabe des SwissPass als Bestandteil des Personenbeförderungsvertrags dem Privatrecht unterstehe. Mangels Hoheitsgewalt sah sich die SBB ausser Stande, einseitig mittels einer Verfügung Rechte und Pflichten festzulegen.
Die Achterbahn der Instanzen
Der SBB-Kunde reichte eine Rechtsverweigerungsbeschwerde beim BVGer ein. Das BVGer hiess die Beschwerde gut. Die SBB erhielt die Anweisung, eine Verfügung zu erlassen (BVGer A-653/2019 vom 03.07.2019).
Die SBB stellte dem Kunden daraufhin in Aussicht, die verlangte Verfügung in Form eines Nichteintretensentscheids zu erlassen.
Der SBB-Kunde wehrte sich. Er antwortete, dass das Vorgehen der SBB die Rechtsverweigerung fortsetzen würde.
Die SBB bot dem Kunden anschliessend an, ausnahmsweise und unpräjudiziell einen SwissPass mit fiktivem Geburtsdatum (01.01.1977) auszustellen.
Der Kunde lehnte dieses Angebot, dass seinem ursprünglichen Wunsch entsprach, ab. Er beharrte auf den Erlass einer beschwerdefähigen Verfügung durch die SBB.
Die SBB entschied daraufhin wie angekündigt, auf das Gesuch des Kunden, einen SwissPass mit fiktivem Geburtsdatum auszustellen, nicht einzutreten.
Der Kunde erhob gegen den Entscheid auf Nichteintreten Beschwerde beim BVGer und verlangte einen SwissPass mit erkennbar fiktivem Geburtsdatum.
Wie entschied das Bundesverwaltungsgericht?
Gemäss BVGer wird allein durch die Ausstellung des SwissPass noch kein Personentransportvertrag geschlossen. Da die Erhebung von Personendaten für die Ausstellung des SwissPass als Trägermedium gespeicherter Personentransportverträge zu beurteilen war, musste das Gericht dennoch die Rechtsnatur von Personentransportverträgen berücksichtigen (E. 5.1.3).
Das BVGer wies darauf hin, dass die Rechtsprechung die Personentransportverträge grundsätzlich als privatrechtliches Verhältnis einstuft (E. 5.2.1). Der (neueren) Lehrmeinung, den Personentransportvertrag verwaltungsrechtlich einzustufen, folgt das BVGer nicht (E. 5.2.2 & E. 5.2.5). Die mit der Ausgabe des SwissPass zusammenhängende Datenerhebung ist damit als privatrechtlich und nicht als hoheitlich zu qualifizieren (E. 5.3).
Die Erhebung von Personendaten untersteht den Regeln der Datenbearbeitung durch private Personen gemäss Art. 12 - 15 DSG. Das BVGer entschied, dass es der SBB daher an einer Rechtsgrundlage fehle, eine Verfügung zu erlassen (E. 5.5).
Erhalte ich meinen SwissPass nun auch mit fiktivem Geburtsdatum?
Wohl kaum, denn die SBB diktiert die Vertragsbedingungen. Dieser Fall zeigt allerdings, dass sich auch mit der SBB verhandeln lässt.