Die Presseabteilung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat ein Merkblatt zu den Urteilen des EGMR veröffentlicht, die im Zusammenhang mit dem Datenschutz stehen.
Der EGMR wacht über die Einhaltung und Umsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Nachdem die innerstaatlichen Rechtsbehelfe ausgeschöpft sind, können sich klagende Bürger mit ihrer Beschwerde an den EGMR wenden. Die vom EGMR gefällten Urteile sind bindend für die betroffenen Staaten und führen sogar zu Gesetzesänderungen oder Änderungen der Verwaltungspraxis in den betroffenen Staaten. Zu den betroffenen Staaten gehören alle europäischen Staaten ausser der Vatikan und Weissrussland. Zudem sind auch die Türkei, Zypern, Armenien, Aserbaidschan, Georgien und Russland an die Entscheide gebunden.
Big Brother Watch and Others v. the United Kingdom
Ein besonders bemerkenswertes und aktuelles Urteil aus dem Merkblatt ist Big Brother Watch and Others v. the United Kingdom. Es handelt sich um ein junges Urteil. Es ist vom 25. Mai 2021. Das Urteil findest Du hier.
Die Hauptklägerin ist Big Brother Watch. Eine Organisation aus dem Vereinigten Königreich, die sich für verbesserten Datenschutz einsetzt und sich gegen Massenüberwachung stellt. Die anderen Kläger («Others») sind weitere Organisationen und Einzelpersonen, die ähnliche Ziele wie Big Brother Watch verfolgen.
Auslöser für die Klage waren die Enthüllungen des ehemaligen NSA-Agenten Edward Snowden. Seine Enthüllungen haben die Existenz von systematischer Massenüberwachung durch die Geheimdienste der U.S.A. und dem Vereinigten Königreich nachgewiesen. Die Kläger waren der Ansicht, dass ihre private digitale Kommunikation, aufgrund ihrer Tätigkeit als Datenschützer, mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit von den britischen Geheimdiensten überwacht wurde. Im Urteil heisst es:
«The applicants believed that the nature of their activities meant that their electronic communications (…) were likely to have been intercepted by the UK intelligence services or obtained by them form either communication service providers or foreign intelligence agencies such as the NSA”
Die Kläger beschwerten sich über drei Überwachungsverfahren:
Massenüberwachung der (digitalen) Kommunikation.
Die Beschaffung von Kommunikationsdaten durch die Kommunikationsanbieter.
Die Entgegennahme von Abhördaten von ausländischen Regierungen und Geheimdiensten.
Ein Gremium aus siebzehn (17!) Richterinnen und Richtern aus verschiedenen europäischen Staaten hat über diese Angelegenheit entschieden. Das Gericht hat einstimmig die ersten beiden Überwachungsverfahren als Verstösse gegen Art. 8 EMRK und Art. 10 EMRK beurteilt. Das dritte Überwachungsverfahren wurde mit 12 gegen 5 Stimmen nicht als Verstoss beurteilt. Die Begründungen für diese Entscheidungen findest Du im Urteil.
Datenschutz.law hält Dich über die Entscheide des EGMR, die den Datenschutz betreffen, auf dem Laufenden.