Artikel
Dieses Gesetz gilt für das Bearbeiten von Daten natürlicher und juristischer Personen durch:
private Personen;
Bundesorgane.
Es ist nicht anwendbar auf:
Personendaten, die eine natürliche Person ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch bearbeitet und nicht an Aussenstehende bekannt gibt;
Beratungen in den Eidgenössischen Räten und in den parlamentarischen Kommissionen;
hängige Zivilprozesse, Strafverfahren, Verfahren der internationalen Rechtshilfe sowie staats- und verwaltungsrechtliche Verfahren mit Ausnahme erstinstanzlicher Verwaltungsverfahren;
öffentliche Register des Privatrechtsverkehrs;
Personendaten, die das Internationale Komitee vom Roten Kreuz bearbeitet.
(Diese Erläuterungen finden sich in der Botschaft von 1988.)
Nach Absatz 1 nimmt das Gesetz zwei Kategorien von Datenbearbeitern in die Pflicht, nämlich die sogenannten privaten Personen und die Bundesorgane: Private Personen (Bst. a) sind solche, die Daten im Rahmen eines Sachverhaltes bearbeiten, der seinerseits durch das Privatrecht geregelt wird. Zu den Bundesorganen (Bst. b) gehören vorab jene Verwaltungseinheiten des Bundes, die einen bestimmten Aufgabenbereich selbständig bearbeiten, aber auch Personen, die mit öffentlichen Aufgaben betraut sind (vgl. Art. 3 Bst. c und d und die entsprechenden Erläuterungen). Die Frage, ob ein Datenbearbeiter als private Person oder öffentliches Organ behandelt werden muss, wird im konkreten Fall nicht immer leicht zu beantworten sein. Ausschlaggebend wird sein, ob die der Datenbearbeitung zugrunde liegende Tätigkeit vorwiegend durch das öffentliche oder das Privatrecht geprägt ist. So sind z. B. selbständige Anstalten wie die SUVA, aber auch die privaten Verbandsausgleichskassen, die Aufgaben in der Alters- und Hinterlassenenversicherung und der Arbeitslosenversicherung wahrnehmen, öffentliche Organe, da ihre Tätigkeit weitestgehend durch das Bundesverwaltungsrecht geregelt ist. Schwieriger zu beurteilen ist die Zuordnung der Krankenkassen. Soweit sie dem Krankenversicherungsgesetz unterstellt sind, vom Bund anerkannt werden und hoheitlich verfügen können, sind auch sie mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe des Bundes betraut und unterstehen den Vorschriften für Bundesorgane. Die Unterscheidung ist darum wichtig, weil für öffentliche Organe strengere und detailliertere Datenschutzregelungen gelten als für private Personen.
Buchstabe a Bearbeitung zu ausschliesslich persönlichem Gebrauch
Die gesetzlichen Pflichten, die beim Umgang mit Personendaten zu beachten sind, wie auch die Rechte der betroffenen Personen müssen eine Grenze im engsten Persönlichkeitsbereich der datenbearbeitenden Person selbst finden. Dort, wo eine natürliche Person Daten zu ihrem ausschliesslich persönlichen Gebrauch bearbeitet, kann das Datenschutzgesetz ohnehin kaum mehr Geltung beanspruchen. Der Gedanke, dass der private persönliche Gebrauch eines Datums zu respektieren sei, findet sich übrigens auch im Urheberrecht. Mit dem ausschliesslich persönlichen Gebrauch ist vor allem eine Verwendung der Informationen im engeren Privat- und Familienleben gemeint. Niemand soll beispielsweise verpflichtet werden, Einsicht in sein privates Notizbuch zu gewähren. Ebenso müssen Privatgespräche im Familien- und Freundeskreis, private Briefsammlungen und ähnliches dem Datenschutzgesetz entzogen bleiben. Auch Notizen, die jemand zwar bei der Ausübung seines Berufs, aber nur als Arbeitshilfe zum persönlichen Gebrauch macht, etwa zur Gedächtnisstütze, fallen nicht unter das Gesetz. Kommt es im Rahmen der Datenbearbeitung zum persönlichen Gebrauch doch zu Persönlichkeitsverletzungen - etwa wenn ein persönlicher Brief liegen geblieben und Dritten zur Kenntnis gelangt ist -, so kann der Verletzte immer noch die ihm aufgrund des allgemeinen Persönlichkeitsschutzes von Artikel 28 des Zivilgesetzbuches zustehenden Rechtsansprüche geltend machen. Im übrigen wird es Sache der Gerichtspraxis sein, dafür zu sorgen, dass sich Datenbearbeiter nicht missbräuchlich auf die vorliegende Bestimmung berufen, etwa um ihrer Auskunftspflicht zu entgehen.
Buchstabe b Ausnahme für die Medien
Mit der Revision von Artikel 28 des Zivilgesetzbuches vom 16. Dezember 1983 ist der Persönlichkeitsschutz gegenüber den Medien ganz wesentlich verbessert worden. Soweit Informationen in periodisch erscheinenden Medien, namentlich Presse, Radio und Fernsehen, veröffentlicht werden, kann ein Betroffener aufgrund von Artikel 28g- ff. des Zivilgesetzbuches eine Gegendarstellung verlangen. Dieses auf die Besonderheiten einer durch die Medien zugefügten Persönlichkeitsverletzung ausgerichtete Schutzinstrument muss nicht noch mit allgemeinen Datenschutzvorschriften ergänzt werden; das Gesetz soll deshalb in diesem Bereich keine Anwendung finden. Hingegen gelten seine Bestimmungen auch für periodisch erscheinende Medien so lange, als noch keine Veröffentlichung der Daten stattfindet. Für Datenbearbeitungen in diesem Vorfeld der Publikation sind nach dem Entwurf jedoch gewisse Erleichterungen möglich (vgl. dazu Art. 10 Abs. 2 Bst. d).
Buchstabe c Bundesversammlung
Ausgenommen vom Geltungsbereich des Datenschutzgesetzes sind auch die Geschäfte der Bundesversammlung. Das Parlament könnte seine verfassungsrechtlich vorgesehene Oberaufsicht über Verwaltung und Rechtspflege (Art. 85 Ziff. 11 BV) nicht richtig wahrnehmen, wenn es in jedem Fall die Datenschutzgrundsätze, insbesondere die Bestimmung über die Weitergabe von Personendaten, beachten müsste. Dazu kommt, dass für die Beratungen der eidgenössischen Räte von Verfassungs wegen das Öffentlichkeitsprinzip gilt (Art. 94 BV). Des weitern enthalten das Geschäftsverkehrsgesetz und die Reglemente der beiden Räte sowie die Kommissionsreglemente zum Teil recht detaillierte Bestimmungen über die Informationsbearbeitung des Parlaments im Vorverfahren der Gesetzgebung. So können zum Beispiel die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte gestützt auf Artikel 47quater des Geschäftsverkehrsgesetzes (SR 171.11) von allen Behörden und Amtsstellen ohne Rücksicht auf das Amtsgeheimnis zweckdienliche Auskünfte verlangen, wobei der Bundesrat, unter anderem zur Wahrung schutzwürdiger persönlicher Interessen, anstelle der Herausgabe der Akten einen besonderen Bericht erstatten kann. Auch in diesem Bereich könnte es mithin - würde das Datenschutzgesetz für anwendbar1 erklärt - zu unübersichtlichen Zuständen kommen, weil nicht immer klar wäre, welcher Erlass nun anzuwenden wäre. Die Ausnahmeklausel bezieht sich auf die gesamte parlamentarische Tätigkeit und erstreckt sich auch auf die parlamentarischen Dienste, soweit diese unmittelbar für die Bundesversammlung tätig sind. Datenbearbeitungen, die in keinem direkten Zusammenhang mit dem Parlament stehen, etwa die Führung der Personalakten der Mitarbeiter dieser Dienste, sollen jedoch dem Gesetz unterstehen.
Im Gegensatz zum Entwurf von 1983 bleiben die Regierungsobliegenheiten des Bundesrates dem Gesetz unterstellt. Auch der Bundesrat hält sich bei seiner Tätigkeit an die Grundsätze des vorliegenden Gesetzes. Die Beratungen im Bundesrat sollen jedoch nach wie vor geheim bleiben, damit der Bundesrat seine Regierungsgeschäfte mit der nötigen Unbefangenheit wahrnehmen kann. Zu diesem Zweck allein ist es jedoch nicht erforderlich, den Bundesrat vom Anwendungsbereich des Datenschutzgesetzes auszunehmen, denn Artikel 13 des Verwaltungsorganisationsgesetzes sieht bereits vor, dass die Verhandlungen des Bundesrates nicht öffentlich sind. Diese Bestimmung ist in dem Sinn zu interpretieren, dass auch ein Betroffener, ähnlich wie bei den Beratungen vieler Gerichte, keinen Anspruch hat, Einblick in die Beratungen des Bundesrates zu nehmen. Sie geht als Spezialnorm dem Datenschutzgesetz vor. Es handelt sich bei ihr um eine gesetzlich vorgesehene Einschränkung des Auskunftsrechts im Sinne von Artikel 6 dieses Entwurfes. Dass der Bundesrat nicht der Aufsicht des Datenschutzbeauftragten unterstellt ist, wird in Artikel 24 Absatz l klargestellt.
Buchstabe d Rechtsprechungsverfahren
Rechtsprechungsverfahren folgen genauen Regeln, die in den Prozessgesetzen festgehalten sind. Zweck verschiedener Prozessbestimmungen ist es dabei, die Persönlichkeit der in ein Verfahren Einbezogenen zu schützen. Dies gilt namentlich für die Bestimmungen über die Anhörungs-, Akteneinsichts- und Mitwirkungsrechte der Betroffenen. Prozessgesetze enthalten aber auch eigentliche Bestimmungen über die Informationsbearbeitung, indem sie etwa festlegen, wie der Prozessstoff gesammelt und gewürdigt wird. Im Prozessrecht werden auch die Interessen des Richters und der Parteien an einer Information gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse derjenigen Person, welche, die Angaben, machen könnte, abgewogen, so bei der Regelung des Zeugnisverweigerungsrechts. Prozessrecht ist deshalb in einem, gewissen Sinne immer auch Datenschutzrecht. Fände nun das Datenschutzgesetz auch auf Rechtsprechungsverfahren Anwendung, so würden sich zwei Gesetze mit zum Teil gleicher Zielrichtung überlagern. Das aber würde zu Rechtsunsicherheiten, zu Koordinationsproblemen und schliesslich zu Verfahrensverzögerungen führen. Die Ausnahmeklausel des vorliegenden Absatzes soll dies verhindern.
Ausgenommen vom Gesetz sind auch Verfahren vor dem Bundesgericht und den eidgenössischen Rekurs- oder Schiedskommissionen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um ein erstinstanzliches oder ein Beschwerdeverfahren handelt. Die Ausnahmeklausel gilt allerdings nur während der Zeit, in der ein Verfahren hängig ist. Auf die Weiterverwendung der Daten oder die Weitergabe an Dritte nach Abschluss des Verfahrens ist das Gesetz wieder anwendbar, ebenso auf die Aufbewahrung und Vernichtung der Verfahrensakten. Auch die Datenbearbeitungen der administrativen Dienste der Gerichtsinstanzen (z. B. der Kanzleien) fallen unter das Gesetz.
Buchstabe e Strafverfahren
Aus den gleichen Gründen wie bei den Rechtsprechungsverfahren vor richterlichen Behörden (Bst. d) soll das Datenschutzgesetz auch in Strafverfahren, das heisst in Verfahren nach dem Bundesstrafprozess, dem Verwaltungsstrafrecht und dem Militärstrafprozess keine Anwendung finden. Diese Verfahren werden lediglich darum nicht im gleichen Zug mit dem Rechtsprechungsverfahren von Buchstabe d erwähnt, weil darin auch Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren enthalten sind. Zwar ist der Bundesanwalt, welcher die Ermittlungen der gerichtlichen Polizei leitet, Organ der Rechtspflege; ihrer staatsrechtlichen Stellung nach ist die Bundesanwaltschaft jedoch eine administrative Behörde. Unter die Ausnahmeklausel fällt auch die Ermächtigung des EJPD zur Strafverfolgung von Beamten im Sinne von Artikel 15 des Verantwortlichkeitsgesetzes (SR 170.32).
Buchstabe f Internationale Rechtshilfeverfahren in Zivil- und Strafsachen
Das Datenschutzgesetz soll des weitern auch auf internationale Rechtshilfeverfahren in Zivil- und Strafsachen keine Anwendung finden. Der Grund liegt darin, dass der Ausgangspunkt für ein Rechtshilfegesuch immer ein Rechtsprechungs- oder Strafverfahren ist und dass das Rechtshilfegesetz in Strafsachen seinerseits gewisse Bestimmungen zum Schutze der Persönlichkeit enthält (Vgl. dazu ausführlicher Ziff. 224). Die Rechtshilfe in Zivilsachen ist zudem weitgehend Angelegenheit der kantonalen Gerichte; dem Bund (Bundesamt für Polizeiwesen) kommt hier nur eine Übermittlungsfunktion zu.
Buchstabe g Beschwerdeverfahren im Staats- und Verwaltungsrecht
Verwaltungsbeschwerdeverfahren sind Rechtsprechungsverfahren der Bundesverwaltung und des Bundesrates. Sie sind im Verwaltungsverfahrensgesetz (SR 172.021) einlässlich geregelt, weshalb das Datenschutzgesetz auch hier keine Anwendung finden soll. Die Ausnahmeklausel gilt aber nur für zweitinstanzliche Verwaltungsverfahren. Würde auch die erstinstanzliche Verwaltungstätigkeit im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes dem Datenschutzgesetz nicht unterstellt, so bestünde die Gefahr, dass es in weiten Bereichen des Verwaltungshandelns für die Betroffenen keine Datenschutzgarantien gäbe. Das Verwaltungsverfahrensgesetz findet nämlich grundsätzlich Anwendung in allen Verwaltungssachen, die durch Verfügungen erledigt werden. Da die meisten Verwaltungstätigkeiten in eine Verfügung münden können, vermöchten sich die Organe des Bundes unter Umständen zu leicht ihren Datenschutzpflichten 'zu entziehen. - Aus analogen Gründen werden auch die seltenen Fälle einer staatsrechtlichen Beschwerde an den Bundesrat (Art. 73 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) vom Datenschutzgesetz ausgenommen.
Buchstabe h Öffentliche Register
Ähnliche Überlegungen wie bei den Gesetzesvorschriften über die hängigen Rechtsprechungsverfahren haben auch zu einer Ausnahmeklausel, für die öffentlichen Register des privatrechtlichen Rechtsverkehrs geführt. Zu diesen Registern gehören das Grundbuch, die Zivilstandsregister, das Güterrechtsregister, das Handelsregister, das Schiffsregister, das Luftfahrzeugbuch, die Register für Schuldbetreibung und Konkurs, das Register der Eigentumsvorbehalte sowie die Register über die Erfindungspatente, den Sortenschutz, die gewerblichen Muster und Modelle und die Fabrik- und Handelsmarken. Diese Register stellen im Grunde genommen staatlich getragene und gesicherte «Informationssysteme» dar, die bestimmte Angaben über die Begründung, den Bestand, die Änderung oder die Ausübung von privaten Rechten enthalten. Die Datenbearbeitung im Rahmen dieser Register läuft meist nach sehr detaillierten und formellen Vorschriften ab. Diese sollen, wiederum aus Gründen der Rechtssicherheit, nicht durch das Datenschutzgesetz modifiziert werden.
Neben den in den Buchstaben c-h erwähnten Fällen gibt es in vielen andern Erlassen ebenfalls spezifische Informationsbearbeitungs- und Datenschutzregelungen. Stehen diese im Widerspruch zum allgemeinen Datenschutzgesetz, muss der Rechtsanwender entscheiden, wie die betreffende Normenkonkurrenz aufzulösen ist. Dabei hat er nach den allgemeinen Auslegungsregeln vorzugehen. Im allgemeinen wird dies bedeuten, dass das Datenschutzgesetz Vorrang vor andern Datenbearbeitungsvorschriften hat, weil es als «Querschnittgesetz» grundsätzlich für alle privaten und öffentlichen Informationstätigkeiten gilt. Wenn aber das Spezialrecht strengere Datenschutznormen oder eine in sich geschlossene Datenschutzkonzeption enthält, gehen diese Bestimmungen ausnahmsweise jenen des allgemeinen Datenschutzgesetzes vor.
Christian Mitscherlich, MLaw, Rechtsanwalt, Partner